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► HOME ► wissenschaftliche und technische Grundlagen ► Erdmessung, Bestimmung der Figur der Erde ► Gradmessungen, Ellipsoidbestimmung  
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G r a d m e s s u n g e n ,   E l l i p s o i d b e s t i m m u n g
Um die Größe und Gestalt der Erde zu bestimmen, wurden in Vergangenheit mit astronomisch-geodätischen Methoden mehrere sog. Gradmesungen durchgeführt. Der Name kommt von der genauen Bestimmung der Distanz zwischen zwei im Abstand von 1° liegenden Breitengraden.
Die Methode beruht auf der Messung der Erdkrümmung zwischen weit entfernten Punkten, indem deren Distanz (Bogenlänge B) und der Winkel (ß) zwischen ihren Lotrichtungen ermittelt wird. Der Quotient beider Größen (B/ß) ergibt den mittleren Krümmungsradius der Erde zwischen diesen Punkten. Wenn dabei zwei Punkte in Nord-Süd-Richtung ausgewählt werden, entspricht der Winkel ß der Differenz ihrer geografischen Breiten.
Das Prinzip der Gradmessung geht auf den alexandrinischen Mathematiker und Bibliothekar Eratosthenes zurück; er schätzte den Erdumfang um 240 v. Chr. aus dem um 7,2° unterschiedlichen Sonnenstand zwischen Alexandria und Syene (heutiges Assuan) und der Entfernung zwischen beiden Orten, die er auf 250.000 Stadien schätzte (10% Genauigkeit).

Die erste tatsächliche Gradmessung wird I-Hsing (richtiger Name Zhang-Sui, 683-727) [Abb. A-01], einem chinesischen Mönch der Tang-Dynastie zugeschrieben. In den Jahren 724-725 organisierte er mit einem befreundeten Wissenschaftler, dem kaiserlichen Astronomen Nankung Yueh, die berühmte Gradmessung in der Ebene von Henan. Die Messungen wurden an einer Kette von 9 Stationen entlang des Meridians mit einer Ausdehnung von mehr als 2500 km durchgeführt. Die Gradlänge wurde aus den Messungen der Schattenlängen der Sonne zur Sommer- und Wintersonnenwende, zu den Frühlings- und Herbst-Äquinoktien mit Hilfe von Gnomonen und aus der Messungen der Höhe von Polarstern abgeleitet. Als Ergebnis erhielt er die Länge eines Tang-Grades (genannt nach der Tang-Dynastie) zu 351,27 li (131,3 km).

Abb. A-01: Mönch I-Hsing
(China [1955], Mi 280)

Die Methode der Gradmessung wurde im frühen Mittelalter (820) von den Arabern unter dem Kalifen al-Ma'mun bei den Messungen im heutigen Syrien auf 1-2% Genauigkeit verfeinert. Die Breitenunterschiede wurden aus Schattenmessungen über Gnomone bestimmt, und die Strecken in der durch Stangen ausgesteckten Meridianrichtung wurden mittels Meßstangen gemessen. Bei dieser Gradmessung wirkte wahrscheinlich auch der Astronom, Mathematiker, Geograph und Kartograph Muhammad ibn Musa al-Chwarizmi (780-ca.850) [Abb. A-02] mit.

Abb. A-02: Abu Abdallah Muhammad ibn Musa
al-Chwarizmi
(Sowjetunion [1983], Mi 5306)
Abb. A-03: Abu Abdallah Muhammad ibn Musa
al-Chwarizmi
(St. Tome & Principe [2008] )

Einige weitere Bestimmungen der Erddimensionen im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurden u.a. durch folgende Wissenschaftler durchfgeführt:
  • um das Jahr 1000 von dem persischen Astronomen Abu 'r-Raihan Muhammad ibn Ahmad al-Biruni (973-1048) [Abb. A-03] - Messung am Ausgang des Kabul-Flusses (Indus-Flusses) und Bestimmung von Erdumfang und -radius
  • Ende des 16. Jh. von dem Portugiesen Pedro Nunes (1502-1578) [Abb. A-04] - nur Berechnung aufgrund antiker Angaben
  • ca. 1600 von dem niederländischen Kartographen Willem Janszoon Blaeu (1571-1638) [Abb. A-05] - Messung des Meridiangrades am Ufer der Nordsee von der Mündung der Maas bis zum Texel mittels einer 12füßigen Rute. Die Polhöhen in den Bogen-Endpunkten wurden mit einem Zenitsektor ohne Fernrohr gemessen.
(Auch Johannes Kepler (1571-1630) und Galileo Galilei (1564 - 1642) befaßten sich Anfang des 17. Jh. theoretisch mit Fragen der Erddimension.)

Abb. A-04: Al-Biruni
(Ägypten [...], Mi ...)
Abb. A-05: Pedro Nunez
(Portugal [1978], Mi 1411)

Abb. A-06: Willem Janszoon Blaeu
(Niederlande [1983], Mi 1229)


Eine der Hauptschwierigkeiten bei der anfänglichen Gradmessung war die genaue Beastimmung der Entfernung zwischen den weit entfernten Punkten. Erst durch die Konstruktion der Theodoliten und Einführung der Triangulation als Meßmethode durch den Niederländer Willebrord Snel van Royen (Snellius) (1580-1626) bei seiner Gradmessung Anfang des 17. Jh. (1615, veröffentlicht 1617) eröffneten sich neue Möglichkeiten der genauen Streckenmessung bei nachfolgenden Gradbestimmungen.
Zweifel an der bisher angenommenen Kugelgestalt der Erde tauchten auf, als Isaac Newton (1643-1727) [Abb. A-07] in 1670 das Gravitationsgesetz fand. Auch weitere Messungen haben gezeigt, daß die Erdkrümmung in Abhängigkeit des Breitengrades varriert (also die Erdfigur von der Kugelform abweicht). Dabei stellten Giovanni Domenico Cassini (1625-1712) [Abb. A-06], ein Astronom und der erste Direktor der Pariser Sternwarte, und sein Sohn, Jacques Cassini (1677-1756), bei ihren Vermessungen und Berechnungen fest, das die Erde an den Polen langgestreckt sein müßte (ein Oblongum).
Dagegen waren die Astronomen um Isaac Newton überzeugt, dass die Erde an den Polen abgeplattet sei. Daraus ist ein bedeutender wissenschaftlicher Streit entstanden.
Abb. A-07: Giovanni (Juan) Domenico Cassini
(Mali [...], Mi ...); (Mozambique [...], Mi ...); (St. Pierre & Miquelon [1968], Mi 426)

Abb. A-08: Isaac Newton
(Deutschland [1993], Mi...)



1735-1740 - Gradmessungsexpeditionen nach Lappland und Peru:

Um die bereits vermutete Abplattung der Erde genau zu bestimmen und den wissenschaftlichen Streit zu beenden, hat die Pariser Akademie der Wissenschaften zwei große Expeditionen nach Peru und Lappland ausgerüstet, die dort in den Jahren 1735-1740 genaue Vermessungen von zwei weit auseinaderliegenden Meridianbögen durchgeführt haben. Man wählte diese weit voneinander entfernte Gebiete,weil sich dort die Resultate am deutlichsten voneinander unterscheiden müßten.

L a p p l a n d :
Die Expedition nach Lappand, zum Golf von Bothnia am Polarkreis, fand in den Jahren 1736-1737 unter der Leitung des Akademiemitglieds Pierre-Louis Moreau de Maupertuis (1698-1759) [Abb. B-01, B-03] statt. Zur Expedition gehörten u.a. auch Alexis-Claude Clairaut (1713-1765) und Anders Celsius (1701-1744) [Abb. B-02]. Die Vermessungen fanden unter schwierigen Bedingungen in den unzugänglichen Polarkreisregionen mit ausgedehnten undurchdringlichen Wäldern und Sümpfen statt.
Zwischen dem Kirchturm von Tornea südlich und dem Berg Kittis nördlich des Polarkreises wurde ein Dreiecksnetz in der Form eines Siebenecks angelegt [Abb. B-04]. Die Dreieckswinkel wurden mit einem Quadranten gemessen, für die astronomischen Beobachtungen wurde ein Zenitsektor verwendet. Die rund 16 km lange Basis wurde Ende Dezember 1736 auf einem zugefrorenen Fluß in der Mitte des Netzes mit Hilfe von Holzlatten gemessen. Sie wurden mit einen eisernen Meßstab kontrolliert. Zur groben Kontrolle wurde außerdem die Strecke mit Hilfe einer Schnur überprüft.

Abb. B-01: Pierre Louis Moreau de Maupertuis,
Ausgabe zum 250. Jahrestag der Gradmessung in Lappland und Peru
(Finnland [1986], Mi 1002)
Abb. B-02: Anders Celsius
Auf der Briefmarke ist außer dem Thermometer auch eine
historische geodätische Skizze zu sehen, die die Untersuchungen
zur Abplattung der Erde illustrieren soll.
(Schweden [...], Mi ...)
Abb. B-03: Pierre Louis Moreau de Maupertuis und Charles Marie de La Condamine,
Ausgabe zum 250. Jahrestag der Gradmessung in Lappland und Peru
(Frankreich [1986], Mi 2561)
Abb. B-04: Karte des Messgebietes mit den Triangulationsdreiecken zwischen Tornea im Süden und Kittis im Norden
Abb. B-05: Pierre Louis Moreau de Maupertuis und Charles Marie de La Condamine


P e r u :
Die Expedition nach Peru unter der Führung von Louis Godin (1704-1760) verließ Frankreich bereits Mitte 1735 und die Teilnehmer kehrten erst ab 1744 einzeln und untereinander zerstritten in die Heimat zurück. Zur Expedition gehörten u.a. auch die Astronomen, Mathematiker und Geodäten Pierre Bouguer (1698-1758) und Charles-Marie de La Condamine (1701-1774); alle drei waren Mitglieder der französischen Akademie der Wissenschaften [Abb. B-06]. Die spanische Krone hat zur Begleitung der Expedition in ihr Hochheitsgebiet zwei junge spanische Offiziere abgeordnet: den späterenen Astronomen Jorge Juan y Santacilia (1713-1773) [Abb. B-07, B-17] sowie den späteren Gelernten und General Antonio de Ulloa y Torre-Guiral (1716-1795) [Abb. B-07]. Mit der Expedition arbeitete eng zusammen auch der naturwissenschaftlich interessierte ecuadorianische Geograph und Kartograph, und zu damaliger Zeit der Statthalter der Provinz Las Esmeraldas, Pedro Vicente Maldonado (1704-1748) (er begleitete La Condamine, mit dem er sich eng angefreundet hat, nach Abschluß der Gradmessungen in 1743 bei der Erkundung des gesamten Verlaufes von Amazonas, von dem sie die erste auf astronomische Bestimmungen begründete Karte entwarfen) [Abb. B-08, B-09, B-12, B-14 bis B-16].
Die Begegnung mit der fremden Welt war nicht sehr erfreulich, die Expedition gehörte zu den abenteuerlichsten Episoden der Wissenschaftsgeschichte. Raubtiere und tödliche Krankheiten dezimierten schnell die Gruppe der Forscher. Und auch die gegenseitige Eifersucht spaltete die Expeditionsteilnehmer. Das Meßgebiet lag fast vollständig südlich des Äquators in einem Teil von Peru (heutiges Ecuador), der damals eine spanische Kolonie war und heute zu Ecuador gehört. Das Triangulationsnetz erstreckte sich von Cotchesqui nördlich von Quito bis Tarqui im Süden und bestand aus 30 Dreiecken. Die 12 km lange Basis nördlich von Quito wurde mit Holzlatten gemessen. Im Süden des Netzes wurden weitere Kontrolbasislinien gemessen. Mittels Quadranten wurden alle Winkeln in den Dreiecken gemessen.Astronomische Zenitdistanzmessungen zu den Sternen wurden mittels Zenitsektoren ausgeführt. Die Triangulationen wurden erstmals unter Anwendung sphärischer Trigonometrie berechnet. Die Peru-Expedition bestätigte vollauf die Theorie der Abplattung der Erde an den Polen.
Über die Hauptaufgabe der Gradmessung hinaus umfassten die Arbeiten der Expeditionsteilnehmer zahlreiche anderen Beobachtungen, Lage- und Höhenbestimmungen, Messungen des Magnetfeldes, des Luftdrucks, der Temperatur und Strahlenbrechung sowie Pendelmessungen, aber auch die Sammlung von Pflanzen und geographische, geologische und ethnologische Studien.

200 Jahre der Gradmessungsexpedition von La Condamine; Ecuador [1936], (Mi...)
Abb. B-06: Expeditionsteilnehmer:
                    Louis Godin,
                    Charles-Marie de La Condamine
                    Pierre Bouguer
Abb. B-07: Expeditionsteilnehmer:
                    Antonio de Ulloa,
                    Charles-Marie de La Condamine
                    Jorge Juan
200 Jahre der Gradmessungsexpedition von La Condamine
Ecuador [1936], (Mi...)
Abb. B-08: Expeditionsteilnehmer:
                    Charles-Marie de La Condamine
                    Pedro Maldonado

250. Jahrestag der geodätischen Expedition zu Gradmessung in Peru
Abb. B-09: Charles-Marie de La Condamine
(Ecuador [1986], Mi 2047)
Abb. B-10: Pedro Vicente Maldonado
(Ecuador [1986], Mi 2048)

Abb. B-11: Karte des Äquadorgebietes mit den Triangulationsdreiecken;
unten Landschaft bei Quito mit der Basislinie und den beiden Pyramiden an Basisenden
Ausgabe zum 250. Jahrestag der Gradmessung in Lappland und Peru
(Ecuador [1986], Mi 2049-2052)

250 Jahre der Amazonas-Expedition
Abb. B-12: Pedro Vicente Maldonado
(Ecuador [1993], Mi 2245)
Abb. B-13: Charles-Marie de La Condamine
(Ecuador [1993], Mi 2246)

Abb. B-14: 200. Todestag von Pedro Vincente Maldonado
(Ecuador [...], Mi 698-707)

Abb. B-15: Pedro Vincente Maldonado
(Ecuador [2001], Mi )
Abb. B-16: 300. Geburtstag von
Pedro Vincente Maldonado
(Ecuador [2004], Mi 2797)

Abb. B-17: Jorge Juan y Santacilia
(Spanien [], Mi ...)
(Spanien [], Mi ...)


Abb. B-18: Jorge Juan und Antonio de Ulloa


Zum 200. Jahrestag der Ankunft der Gradmessungsexpedition hat der ecuadorianische Staat im Jahre 1936 direkt auf dem Äquator in San Antonio de Pichincha (ca. 20 km nördlich der Hauptstadt Quito) ein Denkmal in Form einer 10 m hohen Pyramide errichtet. Sie markiert den Ort, an dem Ch. M. de La Condamine 1736 als erster Europäer die genaue Position des Äquators bestimmte (Latitude 0° 0' 0'').
Etwa 40 Jahre später erschien den Ecuadorianern das Denkmal bereits zu klein und wurde 1979 nach Calacali gebracht. An seiner Stelle, die man nun "Ciudad Mitad del Mundo" nannte, wurde ein neues Monument in gleicher Form (ca. 30 m hohe Pyramide mit einer Kugel, Abb. B20 - B-22) inmitte eines großen Parks errichtet.
Die neuesten hochgenauen GPS Messungen haben ergeben, daß das Monument nicht exakt auf dem Äquator steht, sondern ca. 240 m südlich davon.


Abb. B-19: das 1936 erbaute Denkmal der Gradmessungsexpedition in San Antonio de Pichincha
Ecuador [], (Mi ...)

Abb. B-20: das 1936 erbaute Denkmal der Gradmessungsexpedition in San Antonio de Pichincha

Abb. B-21: Poststempel des Postamtes in San Antonio de Pichincha von 2009 mit der Abbbildung
des neuen Pyramiden-Denkmals auf dem Äquator in Ciudad Mitad del Mundo

Abb. B-22: das neue Pyramiden-Denkmal auf dem Äquator in Ciudad Mitad del Mundo
(Ecuador [1986], Mi 2048 und Ecuador[...])

Abb. B-23: das neue Pyramiden-Denkmal auf dem Äquator in Ciudad Mitad del Mundo
(Ecuador [....]

Abb. B-24: das neue Pyramiden-Denkmal auf dem Äquator in Ciudad Mitad del Mundo
(Ecuador [2006], Mi...)

Anläßlich der dritten Französisch-Ecuadorianischen Geodätischen Mission im Februar 2016 wurde von der ecauadorianischen Post mit einer Marke auch an die erste Expedition zur Gradmessung aus dem Jahre 1736 erinnert. Die zweite Marke zeigt den Berg Chimborazo, dessen neue Höhenmessung das Ziel der Expedition in 2016 gewesen ist. Dabei wurde die Entfernung des Vulkangipfels vom Mittelpunkt der Erde von 6.384.415,98 m ermittelt. Das Logo auf beiden Briefmarken beinhaltet auch die Jahreszahl der zweiten Mission in 1901.

Abb. B-25:Briefmarkenausgabe zur Dritten Geodätischen Mission
(Ecuador [2016])




1750-1755 - Gradmessung Rom - Rimini:

Die Gradmessungen von Lappland und Peru haben die Frage nach der Figur der Erde geklärt, es ergaben sich aber erhebliche Unterschiede in den Werten der Abplattung. Der kroatische Mathematiker, Astronom, Geodät, Kartograph, Physiker und Philosoph, Rudjer Josip Boscovic (1711-1787) setzte sich deshalb für die Ausführung neuer Gradmessungen möglichst in ebenen Gebieten ein, um den Einfluß der Anziehung der Gebirgsmassen auf die Meßergebnisse gering zu halten.
Auf Anordnung von Papst Benedikt XIV. führte Boscovic, damals Professor für Mathematik am Collegium Romanum zu Rom, in den Jahren 1750-1755 zusammen mit dem Pater Ch. Maire eine Gradmessung im Kirchenstaat durch. Insgesamt wurde eine 2°10' langer Bogen zwischen Rom und Rimini gemessen. Boscovic hat zwei etwa 13 km lange Grundlinien gemessen. Für die Winkelmessung wurde ein Quadrant, für die Beobachtung der Polhöhen in den Endpunkten ein Sektor verwendet. Zur Berechnung der Ergebnisse wurde erstmals die Ausgleichung angewendet. Die Messungen lieferten sehr genaue Ergebnisse, so dass bereits vor dem Abschluß der Peru-Expedition die These über die Abplattung der Erde an den Polen bewiesen war.
Boscovic initierte außerdem die Gradmessungen von G. B. Beccaria in Piemont (1763/64), von Ch. Mason und J. Dixon in den USA (1764/68) und von J. Liesganig in Österreich-Ungarn (1761/65).

Abb. C-01: Rudjer Josip Boscovic
(Kroatien [], Mi... )


Abb. C-02: Rudjer Josip Boscovic
(Kroatien [], Mi... )
Abb. C-03: Rudjer Josip Boscovic
(Kroatien [], Mi... )


1792-1799 - Gradmessung Dünkirchen - Paris - Barcelona:

Seit Anfang der Französischen Revolution wurde in allen Bevölkerungsschichten intensiv und breit darüber diskutiert, wie man die unzähligen lokalen Maße und Gewichte in Frankreich vereinheitlichen könnte. Viele Gelehrten sprachen sich dafür aus, die Pariser Maß- und Gewichtsstandards für die gesamte Nation zu übernehmen. Im März 1790 unterbreitete Charles-Maurice de Talleyrand, bedeutendster Staatsmann und Diplomat während der Französischen Revolution (unterstützt von einigen Mitgliedern der Akademie der Wissenschaften), der französischen Nationalversammlung der Revolution jedoch den Vorschlag, die Einheit der Länge auf ein der Natur entnommenes unvergängliches und reproduzierbares Maß zu gründen. Am 26.03.1791 beschloß die Nationalversammlung, den zehnmillionsten Teil des durch Paris führenden Erdmeridianquadrantes als erdkörperbezogene Längeneinheit mit der Bezeichnung "Meter" zu wählen.
Um die Länge des "Meters" zu bestimmen, wurde unter der Aufsicht der Pariser Akademie der Wissenschaften zwischen 1792 und 1799 eine Gradmessung vorgenommen, die von Dünkirchen bis Mantjouy bei Barcelona reichte und gleichzeitig auch der Ausgangspunkt für ein Europa überspannendes Triangulationsnetz (Dreiecksnetz) war.
Diese Gradmessung fand unter der Leitung der Astronomen Jean-Baptiste Joseph Delambre (1749-1822) (zuständig für den nördlichen Sektor) und Pierre-François-André Méchain (1744-1804) (zuständig für den südlichen Sektor) statt. Die Nachwirkungen der franz. Revolution erschwerten erheblich die Expedition. Trotzdem wurden sehr gute Ergebnisse erzielt, so dass die Gradmessung heute noch als bedeutende geodätisch-astronomische Leistung gewürdigt wird.

Abb. D-01: Gradmessung Dünkirchen-Barcelona
(Liechtenstein [2015] - Marke individuell)

An den Arbeiten im Zusammenhang mit der Gradmessung und der Einfühung des Meters war auch Jean Charles Borda (1733-1799) beteiligt, ein französischer Experimentalphysiker, Astronom und Geodät. Er hat mehrere Präzisionsinstrumente entwickelt, die bei der Gradmessung eingesetzt wurden, so auch den bekannten Repetitionskreis, sog. Borda-Kreis, zur Winkelmessung in der Ebene von Stand- und Zielpunkten [Abb. D-02]. Borda, ein großer Befürworter des Merdianprojektes und des metrischen Systems, und der erste Vorsitzende der 1790 gegründeten Kommission für Gewichte und Masse, kreierte auch für die neu geschaffene Längeneinheit den Namen "metre". (nach anderen Quellen schlug der Schulleiter August-Savinien Leblond bereits im Mai 1790 als Erster in einer Brochüre den neuen Begriff "metre" für die Grundeinheit der Länge vor). Erbaut wurden die Borda-Kreise von dem besten französischen Instrumentenbauer, Etienne Lenoir.

Abb. D-02: Gradmessung Dünkirchen-Barcelona
(Frankreich [1989])
Abb. D-03: Borda-Kreis um 1800
(Deutschland [1981], Mi... )
Abb. D-04: Jean Charles Borda (1733-1799)
(Frankreich [1976])
Abb. D-05: Jean Charles Borda (1733-1799)
(Frankreich [1999])

Der einzige Knotenpunkt der Kette von Triangulationsdreiecken, der sich in Paris befand, war der Pantheon im Zentrum der Stadt. Das gerade erbaute Gebäude, das vor der Umwandlung zum Mausoleum zunächst als provisorisches Lager für Tausende von alten Gewichten und Messlatten benutzt wurde, die aus den Provinzstädten angefordert worden waren, um sie mit den neuen republikanischen Maßen zu vergleichen, hat Delambre als das geeignetste Fernziel in Paris ausgesucht. Die damals auf der Spitze der Dachkuppel befindliche Laterne war von den benachbarten Triangulationsstationen im Umkreis der Stadt gut sichtbar gewesen und die Messungen zu ihr wurden von Delambre in den Jahren 1792-1793 durchgeführt. Zum Zwecke der Winkelbeobachtung vom Pantheon aus zu den Nachbarstationen im Februar und März 1793 wurde für Delambre hoch oben in der Kuppel ein temporäres, mit vier Fenstern versehenes Observatorium von den Architekten eingerichtet.
Abb. D-06: Pantheon in Paris, 1792-93 diente die damals
vorhandene Laterne auf der Kuppel als der einzige
Triangulationspunkt in der Hauptstadt
(Frankreich [1981], Mi 2290)

Die Stadt Rodez war der geplante Treffpunkt beider Teilexpeditionen und Verbindungsglied der beiden Triangulationen. Als Verknüpfungspunkt beider Dreiecksketten diente der Kopf der Statue der Jungfrau Maria auf der Spitze des Glockenturms der Renaissance-Kathedrale von Rodez:

Abb. D-07: Kathedrale von Rodez mit der Marienstatue auf der Spitze des Glockenturms



1821-1823 - Gradmessung Göttingen - Altona:

Der deutsche Astronom und Geodät Heinrich Christian Schumacher (1780-1850) hat im Auftrag des dänischen Königs Friedrich IV. in den Jahren 1817 bis 1820 Triangulationsmessungen durchgeführt, um eine dänische Gradmessung zu erstellen. Zusammen mit seinem Freund, Carl Friedrich Gauß (1777-1855) entwickelte er gleichzeitig der Plan, das dänische Dreiecksnetz der Gradmessung, das sich von Jütland im nördlichen Dänemark bis zur dänischen Sternwarte in Altona erstreckte, weiter nach Süden zu erweitern und dabei auch das Königreich Hannover neu zu vermessen. Gauß und Schumacher versuchten nun den britischen König Georg IV. von ihrem Vorhaben zu überzeugen.
Im Jahr 1820 wurde Carl Friedrich Gauß vom König Georg IV., der zugleich König von Hannover war, zum Leiter der hannoverschen Gradmessung ernannt, und erhielt von ihm den Befehl, das Königreich Hannover zu vermessen und die neue Triangulation mit der dänischen im Norden, der hessischen im Süd-Westen und der preußischen im Süd-Osten zu verbinden.
Bereits Ende 1820 fing Gauß an, die Gradmessung vorzubereiten. Die eigentlichen Winkelmessungen starteten 1821. Als Nullpunkt seines Triangulationsnetzes wählte Gauß die Göttinger Sternwarte, und von dort aus erstellte er ein Dreiecksnetz bis zur dänischen Sternwarte in Altona. Mit der Dreiecksseite Hoher Hagen-Inselberg war der Anschluss an die hessische Triangulation gegeben und die Strecke Brocken-Inselberg bildete den Anschluss an die preußische Triangulation. Bis 1823 konnte Gauß das Dreiecksnetz bis zum dänischen Anschluss Hamburg-Hohenhorn ausweiten und somit zum Abschluss bringen.
In den Jahren 1824-1825 wurde von Gauß eine Verbindungsmessung zwischen dem dänisch-hannoverschen Dreiecksnetz und der niederländischen Triangulation durchgeführt. Darüber hinaus wurden Landesvermessungen in Hessen, Bayern, Österreich und Norditalien begonnen bzw. ausgeweitet, so dass ein durchgängiges Dreiecksnetz von Jütland bis Norditalien entstand.
1828 begann die sogenannte hannoversche Landesvermessung, die ebenfalls von Gauß geleitet wurde. Hierbei wurde das Dreiecksnetz der Gauß’schen Gradmessung verdichtet und ergänzt, um das Königreich Hannover vollständig zu triangulieren. Aufgrund seines Gesundheitszustandes und Alters wurden die Vermessungsarbeiten nicht mehr von Gauß selbst durchgeführt, er hat aber alle Berechnungsarbeiten gemacht. Die hannoversche Landesvermessung, die 2578 trigonometrische Punkte umfasste, dauerte bis 1844 an.
Die Abbildung E-03 zeigt den südlichen Teil das Dreiecksnetzes der Gauß'schen Gradmessung (u.a. das große Dreieck im Süden, das vom Hohen Hagen, vom Brocken und vom thüringischen Inselberg gebildet wird sowie die Basis bei Göttingen).

Abb. E-01: C. F. Gauss
(Deutschland [], Mi ....)
Abb. E-02: C. F. Gauss
(Deutschland [], Mi ....)
Abb. E-03: C. F. Gauss
(Deutschland [2013] Marke individuell)



1800-1842 - Gradmessung in Indien:

Im Dezember 1799 hat der britische Oberst William Lambton (1756-1823) vorgeschlagen, eine große Vermessung quer durch den indischen Subkontinent entlang des 78. östlichen Längengrades durchzuführen, um die Lage einiger wichtiger Punkte im Land festzulegen, die den Vermessern im Lande bei ihrer Arbeit helfen sollten und als ein Basisnetz von Referenzpunkten zur genaueren Vermessung und Kartierung von Indien dienen sollten. Bei der Vermessung sollte die Methode der Triangulation zum Einsatz kommen. Gleichzeitig sollte das angelegte Triangulationsnetz entlang des Meridianbogens auch eine exakte Berechnung der Erdkrümmung ermöglichen. Das Vermessungsprojekt wurde später als Great Trigonometric Survey - GTS (Große Trigonometrische Vermessung) bezeichnet.
Am 6. Februar 1800 wurde die Vermessung formal angeordnet. Die Vermessungsarbeiten beganen am 10. April 1802 mit der Festlegung einer 12 km langen Basislinie von St. Thomas Mount in der Nähe von Madras bis zu einem Hügel bei Pallavaram. Von dieser Basislinie ausgehend wurde eine Reihe von Dreiecken bis in das Mysore-Plateau übertragen, und 1804 wurde eine zweite Basis in der Nähe von Bangalore vermessen. Von hier wurden dann ab 1806 Triangulationsdreiecke entlang der Halbinsel von der nörlichen Grenze des britischen Territoriums (ca 100 Milen nördlich von Bangalore) bis nach Cape Comorin (Kanyakumari) im Süden gelegt.
In den nächsten ca. 40 Jahren wurde ein geometrisches Netz von Triangulationsdreiecken angelegt, das sich über ca. 2400 km entlang des indischen Subkontinentes erstreckte und schließlich zur Bestimmung der Meridianbogenlänge diente. Dieses Triangulationsnetz ist als "Great Arc Series" oder "Great Indian Arc of the Meridian" bekannt.
Im Jahre 1818 wurde der britische Vermessungsingenieur George Everest (1790-1866) Assistent der trigonometrischen Vermessung Indiens unter Oberst Lambton. Nach dessen Tode (zu diesem Zeitpunkt erstreckte sich der vermessene Teil des Meridianbogens über ca. 10 Grad) leitete Everest die Vermessungsarbeiten von 1823 bis 1843 weiter. 1841 vollendete er die indische Meridiangradmessung. Noch nie war ein Land so exakt vermessen worden und die damalige Genauigkeit ist in Anbetracht der Mittel des 19. Jahrhunderts erstaunlich hoch.


Abb. F-01: 200 Jahre der indischen Vermessungsbehörde "Survey of India"; (Indien [1967], Mi 426)
(Im Logo im Zentrum der Marke befindet sich ein Texthinweis auf den Colonel William Lambton - LAMBTON 1800)
(Die Namensangabe RENNELL erinnert außerdem an den Major James Rennell,
den "Vater" der Vermessung Bengalens und deren ersten Chef)

Abb. F-02: 200. Geburtstag von Sir George Everest (Indien [1990])

Abb. F-03: Sir George Everest (Großbritannienn [1991])


Zur Erinnerung an die trigonometrische Vermessung Indiens und die dabei durchgeführte Gradmessung hat die Indische Post im Jahr 2004 einen Block herausgegeben. Neben einer Karte mit den Triangulationsdreiecken im Hintergrund, einigen historischen Vermessungsgeräten und symbolischen Darstellungen der Gradmessung und Triangulation wurden auch zwei indische Vermesser aus dieser Zeit abgebildet.
Nain Singh (1826-1882) erforschte Himalaya, kartierte die Handelsroute nach Tibet und große Teile des Tsangpo-Flußes in Tibet, sowie ermittelte die Koordinaten und Höhenlage von Lhasa.
Radhanath Sikdar (1813-1870) schloß sich im Jahre 1940 der Gradmessung (GTS) an. Er berechnete auch die Höhe von Mount Everest und stellte fest, daß dies der höhste Berg der Welt ist.

Abb. F-04: The Great Trigonometrical Survey - trigonometrische Vermessung Indiens im 19. Jahrhundert;
links Nain Singh, rechts Radhanath Sikdar
(Indien [2004], Mi 2029-2031 = MiBl. 25)




1816-1852 - Gradmessung Hammerfest - Donaumündung:

Die größte Gradmessung der Epoche überhaupt wurde von Friedrich Georg Wilhelm Struve (1793-1864), dem Direktor der Sternwarte Dorpat und später der Sternwarte in Pulkowo bei St. Petersburg, und von dem russischen General Carl F. Tenner (1783–1859) zwischen der Donaumündung und dem nördlichen Eismeer ausgeführt. Das Netz der geodätischen Vermessungspunkte, der sog. Struve-Bogen, reicht von Fuglenaes bei Hammerfest am Nordkap (70°40') bis Staro-Nekrassowka bei Izmajil am schwarzen Meer (45°20') und durchläuft dabei von Norden nach Süden das Gebiet der heutigen Staaten Norwegen, Schweden, Finnland, Russland, Estland, Lettland, Litauen, Weißrußland, Moldawien und Ukraine. Der Struve-Bogen erstreckt sich damit in Nord-Süd-Richtung über insgesamt 2821,833 km (= ca. 25 Grad) und besteht aus insgesamt 265 Hauptvermessungspunkten in 259 Triangulationsdreiecken (225 in damaligen Rußland und 34 in skandinavischen Ländern).
Die Messungen wurden in den Jahren 1816-1852 in drei Perioden ausgeführt. Zunächst wurden Bögen zwischen Belin und der Insel Hochland im finischen Meeresbusen gemessen, ab 1832 wurden sie dann bis Tornea, dem Südpunkt der Messung von Maupertuis aus den Jahren 1736-1737 erweitert. Ab 1845 wurde dann der Bogen sowohl im Norden als auch im Süden bis zu seinen Endpunkten weiter fortgesetzt. Insgesamt wurden in den Jahren 10 Grundlinien gemessen und in 13 Punkten die Polhöhe bestimmt.
Der nördlichste Teil des Bogens von Fuglenaes bei Hammerfest (bei 70°40') bis Atjik (bei 68°54') wurde in den Jahren 1845-1850 unter der Leitung des norwegischen Astronomen und Mathematikers Christopher Hansteen (1784-1873) gemessen [Abb. G-02].

Abb. G-01: Friedrich Georg Wilhelm Struve
(Sowjetunion [1964], Mi ...)
Abb. G-02: Christopher Hansteen
(Norwegen [], Mi ...)


Der Struve-Bogen wurde im Jahre 2005 von der UNESCO als ein frühes Beispiel für die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit in die Liste des Weltkultur- und Naturerbes der Menschheit aufgenommen. Repräsentiert wird er durch 34 noch erhaltene, ausgewählte Messpunkte, die gleichmäßig über den kompleten Bogen verteilt sind.
Aus diesem Anlaß hat die weißrussische Post in 2007 einen Markenblock herausgegeben, der neben den Verlauf des Struve-Bogens auch verschiedene Meßgeräte und Meßanordnungen zeigt. Diese Abbildungen entstammen dem 2. Band der im Jahre 1728 in London veröffentlichten Cyclopaedia. Dieses vom Ephraim Chambers (ca. 1680-1740) herausgegebene zweibändige Werk gilt als die erste englischsprachige Enzyklopädie, die im 18. Jh. sehr bekannt war:

Abb. G-03: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe; (Weißrußland [2007], Mi...)

Abb. G-04: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe; (FDC Weißrußland [2007], Mi...)


Im Jahre 2014 wurde in Weißrussland eine Briefmarke zum 60. Jahrestag des Beitritts von Weißrussland zur UNESCO herausgegeben, auf der verschiedene Welterbestätten in diesem Land dargestellt sind. Links unten ist dort auch ein Denkmal abgebildet, das sich am Messpunkt Tchekuzk bei Iwanowo befindet:

Abb. G-05: links unten: Messpunkt Tchekuzk (Weißrussland [2014])

Eine weitere Ausgabe von Weißrussland aus dem Jahr 2017 zeigt neben den Porträts von Verantwortlichen für die Messungen am Struve-Bogen - Struve, Tenner und Hodzko - u.a auch ein Denkmal, dass auf dem Punkt Nr. 26 in Lopaty (Lapaty) in der Grodno-Region errichtet wurde. Auf der Briefmarke ist außerdem ein Teil der Dreieckskette auf dem Gebiet von Weißrussland abgebildet. Mit blauen Dreiecken sind darin die fünf Messpunkte dargestellt, die in die Unesco-Welterbeliste aufgenommen wurden (Tupiski, Lapaty, Asaunica, Cakuck und Lieskavicy). Auf dem Blockrand ist ferner ein Dreibein mit dem Signalaufbau zu sehen, der neben dem jeweiligen Denkmal auf den 5 Punkten errichtet wurde.

Abb. G-06: Struve-Bogen, rechts unten das Denkmal am Punkt Lopaty (Weißrussland [2017])


Im Jahre 2008 hat die Post Moldawiens anläßlich des 160. Jahrestages des Messung des Struve-Bogens auf dem Territorium der Republik Moldawien eine Ganzsache herausgegeben. Die Briefmarke zeigt ein Denkmal im Ort Rudy am rechten Ufer des Dnisters im äußersten Norden Moldawiens, das an den geodätischen Struve-Bogen erinnert und an der Stelle eines der festen Messpunkte der Dreieckskette steht. (Lage des Punktes "Rudy" in Google Maps).
Die Abbildungen auf dem Umschlag zeigen neben zwei Vermessungsinstrumenten aus damaliger Zeit auch einen Porträt von F.G.W. Struve sowie den Verlauf des Dreiecksnetzes auf dem Territorium Moldawiens mit der gekennzeichneten Lage des "Rudy"-Punktes. Insgesamt bestand das Dreiecksnetz aus 27 festen Messpunkten in Moldawien.

Abb. G-07: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe - 160. Jahrestag der Messung in Moldavien (Moldavien [2008])


Am 11. Februar 2016 hat die moldawische Post eine weitere Briefmarke in Blockform anläßlich der 200 Jahre seit dem Anfang der Vermessungsarbeiten am Struve-Bogen herausgegeben. Neben dem Messpunkt in Rudy wird u.a. die gesammte Ttriangulationskette sowie das Netz in Moldawien dargestellt (FDC und Block):

Abb. G-08: FDC: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe - 200. Jahrestag des Beginns von Messungsarbeiten
(Moldawien [2016])

Abb. G-09: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe - 200. Jahrestag des Beginns von Messungsarbeiten (Moldawien [2016])


Die private Briefmarke Moldawiens sowie der Sonderstempel, der am 20.11.2017 in Chisnau anläßlich des 25jährigen Jubiläums der diplomatischen Beziehungen zwischen Moldawien und Weißrußland verwendet wurde, zeigen ein weißruschisches Denkmal (im Stempel rechts neben dem moldawischen Punkt Rudi) auf dem Struve-Punkt Tupischki.


Abb. G-09a: Ganzsache mit Sonderstempel und Briefmarken (Moldawien [2017])


Auch die Post Litauens hat im Jahre 2009 das Jubiläum mit der Herausgabe von zwei Briefmarken gewürdigt. Von insgesamt 18 Messpunkten des Struve-Bogens, die sich auf dem Gebiet Litauens befinden, sind drei Punkte besonders gekennzeichnet: ein Punkt im Bezirk Rokiskis (Dorf Gireisiai) und zwei im Bezirk Vilnius (in den Dörfern Paliepiukai und Meskonys). Diese drei Messpunkte wurden in die UNESCO-Weltkulturerbeliste eingetragen.
Die erste Briefmarke zeigt en dem Porträt von Struve den Gesamtverlauf des Struve-Bogens. Auf der zweiten Briefmarke ist das Denkmal auf dem geodätischen Punkt im Dorf Meskonys (Meschkanzi) dargestellt, das am 16. Juni 2006 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde (Lage in Google Maps). Außerdem zeigt sie den Verlauf des Triangulationsnetzes auf dem litauischen Territorium. Auf dem Rand der Kleinbögen sind Messinstrumente aus der Epoche sowie Signalaufbauten dargestellt.

Abb. G-10: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe (Litauen [2009])


Abb. G-11: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe (Litauen [2009])


Abb. G-12: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe (FDC Litauen [2009])


Im Mai 2011 haben sogar vier weitere Postverwaltungen gleichzeitig den Struve-Bogen mit Blockausgaben gewürdigt.
Die Lettische Post zeigt auf zwei Briefmarken im Block neben dem Porträt von Struve an einem Theodoliten die Bodenplatten/-steine der beiden trigonometrischen Punkte der Dreieckskette, die in Lettland zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören (von insgesamt 16 in diesem Land liegenden Punkte). Es sind die Punkte Nr. 20 in Sestukalns und Nr. 21 in Jekabpils.
Der Punkt Sestukalns, auf dem damals geodätische Vermessungen ausgeführt wurden, befindet sich in der Gemeinde Sausneja des Bezirks Madona auf dem Gipfel eines Moränehügels, 216,5 m über dem Meeresspiegel (Lage in Google Maps).
Auf dem Punkt Jekabpils (im 19. Jh. - Jakobstadt) wurden im Rahmen der Struve-Bogen-Vermessung sowohl geodätische Vermessungen als auch astronomische Beobachtungen durchgeführt. Heute befindet sich dieser Punkt im historischen Zentrum von Jekabpils – im Struve-Park am südlichen Ufer des Düna-Flusses (Daugava). Die Straße, die entlang des Parks führt, heißt “Struve-Straße” (Lage in Google Maps). Gegenwärtig sind beide Messpunkte ein Teil des geodätischen Basis-Triangulationsnetzes 1. Ordnung Lettlands (weitere Informationen).
Am Blockrand sind ferner Luftbilder der Gebiete dargestellt, in der die beiden Punkte liegen. Linke Briefmarke zeigt den lettischen Ausschnitt der Dreieckskette mit rot markierten beiden Punkten. Auch ein für die Messungen von Dreiecksnetzen typischer Triangulationsturm über einem der Punkte ist am linken Blockrand zu sehen.

Abb. G-13: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe; (Lettland [2011], Mi...)

Abb. G-14: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe; (FDC Lettland [2011], Mi...)


Auf den am gleichen Tag erschienenen Briefmarken von Estland ist neben dem Struve-Porträt auch das Gebäude der Sternwarte von Tartu (damals: Dorpat) dargestellt, deren Direktor F.G. Struve 15 Jahre lang war. Die Sternwarte Tartu ist einer von 3 Messpunkten in Estland, die in die UNESCO-Weltkulturerbeliste eingetragen worden sind, und sie spielte eine wichtige Rolle bei der Meridianbogenvermessung. Hier befand sich nämlich der Zentralpunkt des Bogens und der Ursprung des Bogens. Neben der Alatornio Kirche in Finnland ist diese Sternwarte eines von einzigen zwei Gebäuden, die für die Beobachtungen benutzt wurden, und seit der Zeit der geodätischen Vermessungen von Struve erhalten geblieben sind.
Die anderen beiden estnischen Messpunkte liegen beim Dorf Simuna im Kreis Lääne-Viru. In einem dieser beiden Punkte - Katko - befindet sich heute eine 1,2 m hohe Steinsäule, die auf der FDC abgebildet wurde. Der rote Punkt zeigt die Lage dieses Punktes in der Dreieckskette (Lage in Google Maps).

Abb. G-15: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe; (Estland [2011])

Abb. G-16: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe; (FDC Estland [2011])

Abb. G-17: 200 Jahre Sternwarte in Tartu ; (Postkarte Estland [2010])


Der finnische Post hat dem Struve-Bogen einen interessant gestalteten Block mit zwei selbstklebenden Marken gewidmet. Die kreisrunde Briefmarke und die zweite darin liegende Marke in Form des Landesumrings zeigen den finnischen Ausschnitt des Struve-Bogens mit gekennzeichneten 6 Messpunkten, die sich auf der UNESCO-Liste befinden. Die geographischen Koordinaten und Namen (Orte) dieser Meßpunkte wurden im oberen Teil des Blocks angegegeben. Im unteren Teil des Bogens befindet sich eine Abbildung (nach einer alten Fotografie aus der Sammlung des Museums in Pulkovo), die die Messung einer Basislinie (Grundlinie) für eine Dreieckskette mittels spezieller Meßlatten zeigt.

Abb. G-18: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe; (Finnland [2011], Mi...)

Abb. G-19: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe; (FDC Finnland [2011])


Auch die schwedische Post hat im Mai 2011 mit einer schönen Blockausgabe an die Messung des Struve-Bogens erinnert. Neben dem Verlauf der Dreieckskette vom Nordkap zum Schwarzen Meer und dem Porträt von Struve (nach einem Gemälde des dänischen Künstlers aus dem 18. Jh., Christian Albrecht Jensen) zeigt der Block weitere interessante Motive.
Auf der oberen Briefmarke ist ein Theodolit des schwedischen Astronoms Haquin Selander zu sehen, mit dem die Winkelmessungen in Tornedalen durchgeführt wurden. Am rechten oberen Rand befindet sich ein Denkmal am nördlichsten Punkt des Struve-Bogens in der norwegischen Stadt Hammerfest. In der rechten unteren Ecke wurde eine zeitgenössische Zeichnung des Observatoriums von Tartu, Estonia dargestellt, in dem sich der erste gemessene Punkt der Messkette befindet.
Am rechten unteren Rand wurde eine Landschaft der Jupukka-Berge in der Pajala Municipality, Lappland, abgebildet, wo sich einer der vier schwedischen Meßpunkte aus der UNESCO-Liste efindet.
Außerdem befinden sich im Hintergrund des Blocks weitere interessante Abbildungen: Zeichnung der Dreieckskette (links oben) und eine Liste der Messpunkte (rechts in der Ecke beider Briefmarken), beide aus dem Bericht Struves über die Vermessung "Arc du meridien...", der in den Jahren 1857-1860 veröffentlicht wurde, sowie die Anfangsworte der Rede des Astronoms Daniel Georg Lindhagen über die Figur der Erde, die er 1862 an der Königlichen Schwedischen Wissenschaftsakademie hielt (im Hintergrund der Theodolitenabbildung):

Abb. G-20: Der Struve-Bogen - UNESCO-Weltkulturerbe; Schweden [2011]: (Mi )


Der Ausgabenserie im Mai 2011 hat sich auch die UNO-Post Wien angeschlossen, die in der Serie "UNESCO - Erbe der WElt 2011" den Struve-Bogen mit der Abbildung des Denkmals in Hammerfest, Norwegien gewürdigt hat:

Abb. G-21: Der Struve-Bogen-Denkmal in Hammerfest (UNO-Postverwaltung [2011], Mi...)







Ellipsoidbestimmungen:

Seit Anfang des 19. Jh. häuften sich mit der Zahl der Gradmessungen auch die darauf basierenden Ellipsoidberechnungen, auf die die einzelnen Länder ihre staatlichen Vermessungsnetze bezogen haben. Friedrich Wilhelm Bessel (1784-1846), deutscher Astronom, Mathematiker und Geodät, fasste 1840 alle wichtigen und ihm bekannten Ergebnisse der großräumigen Gradmessungen in Europa sowie in Indien zusammen und errechnete durch Ausgleichung die Dimensionen eines mittleren Erdellipsoides, der sich durch seine Lagerung dem Geoid und der mittleren Erdkrümmung in Europa und Asien besonders gut anpasste. Seine Ergebnisse veröffentlichte Bessel im Jahre 1841.
Insgesamt beruht das Bessel-Ellipsoid auf zehn langen Meridianbögen und 38 präzisen Messungen geografischer Breite und Länge. Die Dimensionen des Ellipsoids wurden von Bessel durch die beiden Halbachsen a und b sowie die Abplattungsformel f=(a-b)/a = 1/299,15 definiert [Abb. H-03].
Das Bessel-Ellipsoid wurde in der Folgezeit als Grundlage der Landesvermessungen vieler Länder zugrunde gelegt, nicht nur in Europa sondern weltweit. Um 1950 basierten auf ihm etwa 50% der Triangulationen in Europa und etwa 20% auf anderen Kontinenten. Zum Teil noch bis heute dient(e) das Ellipsoid als Basis der Landesvermessung z.B. in Deutschland und Österreich, aber auch z.B. in Indonesien, Japan oder Namibia.
mit dem Einsatz der satellitengeodätischen Meßverfahren (GPS und künftig Galileo) verliert das Bessel-Ellipsoid jedoch an Bedeutung zugunsten des globalen Referenzellipsoides WGS84 (f=1/298,26), das die Grundlage des GPS-Referenzsystems bildet.

Abb. H-01: Friedrich Wilhelm Bessel
(Nicaragua [1994], Mi ... und Deutschland [1984], Mi 1219)

Abb. H-02: 200. Geburtstag von F. W. Bessel. Halbachsen a und b des Ellipsoides
(Deutschland [1984])

Abb. H-03: Formel für die Erdabplattung nach Bessel
(Deutschland [1967])

Der vorausgehende Stempel erinnert auch an das 100jährige Jubiläum der im Jahre 1967 gebildeten "Europäischen Gradmessung", der Nachfolgeorganisation der 1862 auf deutsch-österreichische Initiative gegründeten "Mitteleuropäischen Gradmessungs-Kommission" (lange Zeit geleitet vom General Johann Jacob Baeyer). Ihre Aufgabe war die internationale Koordinierung von verschiedenen Grad- und Erdmessungsgroßprojekten. Die "Europäische Gradmessung" stellte den Vorläufer der globalen geodätischen Union IAG dar, sowie der heutigen Internationalen Union für Geodäsie und Geophysik (IUGG).