Heute verbringen wir den ganzen Tag in faszinierenden Landschaften Kappadokiens.
Die hiesige Landschaft war vor Millionen Jahren von der Lava und Asche der Vulkane Eriyas und Hassan Dagi bedeckt. In diesem weichen Tuffstein hat im Laufe der Zeit die Erosion bizarre Formationen entworfen - Feenkamine, hohe Kegel oder pilzförmige Türme. Diese Gesteinsgebilde kommen besonders häufig in dem Dreieck zwischen den Städten Ürgüp, Nevsehir und Avanos vor.
Wir beginnen die ganztägige Rundfahrt um 8.30 Uhr und machen unsere erste Photopause bei Tuffsteinfelsen inmitten einer Weinplantage,
die aufgrund ihrer Formen und Farben
(unten helles weiches Gestein, oben dunklere härtere Felsbrocken) sehr stark an eine bestimmte Pilzart erinnern.
Anfangs ist der Himmel noch etwas bewölkt und die Sonne versteckt sich, bald aber stellt sich ein sehr schönes Wetter, das den ganzen Tag anhält. Bei manchen der Felsen könnte man glauben, daß die physikalischen Gesetze außer Kraft gesetzt wurden, oder aber daß die "Kamine" bei jedem kleinen Windstoß einstürzen können.
Einige dieser Felsen waren früher bewohnt (wie auch viele andere in Kappadokien) und wir können noch die Wohnhöhlen besichtigen
- teilweise aber nur mit Hilfe von Leitern.
Von hier geht es weiter mit dem Bus durch die tolle Landschaft
zum Tal von Zelve. Diesen Naturpark besichtigen wir ausführlich zu Fuß.
Er besteht aus drei Seitentälern, die am Eingang zusammenlaufen. Die zahlreichen Felswohnungen und Felskirchen in den Tälern,
die teilweise schon eingestürzt sind machen einen überwältigenden Eindruck.
Mittlerweile ist ein Seitental nicht mehr passierbar, da vor einigen Jahren große Felsbrocken von den ausgehöhlten und verwitterten Talwänden abgebrochen sind. Durch die Verwitterung und den Zerfall von Felsen sind viele der Felswohnungen und Kirchen mittlerweile zerstört. Man blickt von draußen häufig direkt ins Innere der ehemaligen Wohnräume.
Wir klettern über die Felsen nach oben
zu einer Kirche (Balikli Kirche),
in der auf den Wänden noch einige primitive Wandmalereien
gut zu erkennen sind.
An einer anderen Stelle ist in einer zerbrochenen Felswohnung noch ein Mühlstein zu sehen.
Im hinteren Bereich eines der Seitentäler
befindet sich eine kleine Moschee mit einem Minarett.
Anschließend geht die Rundfahrt durch Kappadokien weiter. Wir machen dabei immer wieder kurze Photopausen an interessanten Aussichtspunkten oder bei besonderen Felsformationen.
So halten wir heute noch mal an dem kleinen Tal an, wo wir schon gestern Abend beim Sonnenuntergang waren.
Im Licht der Mittagssonne sehen die Felsen natürlich anders aus. Egal wo man sich umdreht, überall gibt es schöne und photogene Formationen von Gestein.
Eine obligatorische Photopause gibt es an den drei pilzförmigen Felsen, die zum Wahrzeichen von Kappadokien geworden sind.
Den nächsten Stopp gibt es an einem kleinen Tal, in das gerade um diese Tageszeit die Sonne am günstigsten bestrahlt und den beige-weißen Tuffsteinfelsen optimal zur Geltung bringt.
Von hier fahren wir dann ein längeres Stück weiter nach Süden zu einer der unterirdischen Städte, nach Kaymakli. Schon seit Urzeiten suchten Menschen hier und im restlichen Kappadokien Zuflucht in mehrere Stockwerke tief im weichen Tuffstein ausgegrabenen Städten aber auch in den zahlreichen Wohnhöhlen. Allein schon die bizarre Landschaft erschreckte viele fremde Angreifer.
Im Kaymakli wohnten noch im frühen 19. Jahrhundert Menschen. Sie konnten sich vor den Feinden und Angreifern gut verstecken und auch ihre Religion frei ausüben. Man sagt, daß die einzelnen unterirdischen Städte (entdeckt wurden bislang etwa 30 solcher Städte) miteinander durch mehrere Kilometer lange Tunnels verbunden waren.
Vor dem Eingang zu der unterirdischen Stadt Kaymakli stehen heute viele Händlerstände,
die Souvenirs anbieten. Wir gehen gleich zum Eingang und besichtigen 7 Geschosse der Stadt (die tieferen Geschosse sind den Touristen nicht zugänglich). Sie besteht aus einem Labyrinth von Gängen, Rampen, Treppen und Räumen,
in dem sich jeder Besucher ohne einen Führer und gute Wegmarkierung mit Sicherheit verlieren würde.
Viele der Gänge und Schächte sind so schmal, daß man sie nur gebückt
und im Gänsemarsch begehen kann.
An manchen Stellen sieht man, daß die Decken bzw. Gänge mittlerweile eingestürzt sind, und dort eröffnet sich ein Blick in die darunter liegenden Etagen. Die Städte, wo zeitweise mehrere Tausend Menschen lebten, verfügten über ein ausgeklügeltes Belüftungssystem, Gemeinschaftsräume, Kapellen. Es gab Küchen (erkennbar am Ruß an den Wänden), Schlafräume, Schulräume. An einigen Stellen sehen wir große Mühlsteine.
Bei unmittelbarer Gefahr wurden sie vor die Eingänge oder Gangabzweigungen gerollt
und die Feinde konnten dann in Dunkelheit die versteckten Einwohner nicht mehr finden.
Man füllt sich hier wie in einem gut durchlöcherten schweizer Käse. Aber ein etwas mulmiges Gefühl hat man auch - wie fände man wieder hinauf, wenn die Beleuchtung ausfiele?
Nach dem Besuch der einzigartigen unterirdischen Stadt und einer kurzen Teepause fahren wir zurück ins Zentrum von Kappadokien, Richtung Nevsehir. Auf den zahlreichen Fahrten durch die Landschaft Kappadokiens fallen ins Auge - neben den bizarren Felsformationen - auch viele Weinplantagen und Kürbisfelder.
Die reifen orangefarbenen Kürbisse bilden einen schönen Kontrast zu den hellen Felsen.
Die besonderen kappadokischen Weine sind weit über die Region hinaus bekannt.
In der Nähe von Nevsehir halten wir kurz bei einer "toten" Stadt an,
die an einem Hang gebaut und später durch ihre Bewohner verlassen wurde.
Dann geht es weiter über Nevsehir
mit einem kurzen Zwischenstopp an einem weiteren, gerade von der Sonne schön bestrahlten Tal
zu einem Restaurant in der Nähe von Göreme, wo wir ein gutes Mittagsessen genießen. Nach der Mittagspause steht der Besuch des bekannten und sehr interessanten Freilichtmuseums von Göreme auf dem Programm.
Das Museum befindet sich etwas außerhalb des Dorfes Göreme, in dem die Feenkamine mitten im Ort zwischen den Häusern stehen.
Im Tal von Göreme befinden sich etwa 350 Felskirchen und -Kapellen, wovon ein Teil auf dem Gebiet des Freilichtmuseums liegt.
Die meisten wurden zwischen dem 9. Jh. und dem 13. Jh. erbaut, als das klösterliche Leben in Kappadokien ihren Höhepunkt erlebte und viele Christen hier lebten.
Die Kirchen und Klöster besitzen meistens sehr schöne Wand- und Deckenmalereien, die zum Teil aber zerstört sind.
In einer bestimmten Epoche des Christentums waren die menschlichen Gesichtsdarstellungen verboten (Zeiten der ikonoklastischen Bewegung oder des sog. Bildersturms), und
in vielen Kirchen sind bis zur erreichbaren Wandhöhe die Gesichter und vor allem die Augen in den Wandmalereien ausgekratzt. Die anderen Zerstörungen stammen aus der Zeit, als die Kirchen in den vergangenen Jahrhunderten von den immer kleiner werdenden christlichen Gemeinden verlassen wurden und den Nomaden, Hirten und Reisenden als vorübergehende Bleibe, Stall oder Vorratskammer dienten.
Auch zahlreiche Graffitis und Namenseinträge der Besucher verunstalten die wertvollen Ikonen. Neben solcher aus unserer Zeit sehen wir auch über zweihundert Jahre alte Einträge (z.B. von 1790), die von den reisenden Mönchen hinterlassen wurden.
Trotzdem gehören die Fresken zum weltweit größten Museum byzantinischer Malerei.
Bereits vom Parkplatz vor dem Freilichtmuseum hat man phantastischen Ausblick
auf die umgebenden Kulissen - zahlreiche Obelisken, Türme, Kamine und Kegel mit ausgehöhlten Kirchen.
Das Innere der Kirchen darf man leider weder fotografieren noch filmen. Das Bewachungspersonal in den Kirchen passen wachsam auf, daß man keine Kameras in den Händen hält.
Die Kirchen unterscheiden sich in der Größe und Ausstattung - manche bestehen auch nur aus den Grundelementen einer Kirche: einem Schiff mit einer faßförmigen Kuppel, einer Altarnische und einem maurischen Bogen.
Andere sind dagegen detaillierter aus dem Fels geschnitten - mit Säulenkapitellen, Seitenschiffen, Kuppeln, Bögen - wie Miniaturen von richtigen gemauerten Kirchen und Kathedralen. Die Fresken wurden von Künstlern erschaffen, die entweder als Mönche in den hiesigen Klöstern lebten, oder die in Auftrag der wohlhabenderen Klöster aus Byzanz kamen.
Durch die Verwitterung sind manche Kirchen mittlerweile zerfallen,
aber es wird in dem Freilichtmuseum auch viel renoviert.
Wir besichtigen hier insgesamt 5 Kirchen - zunächst die St. Basilius Kirche
aus dem 11. Jh., dann die St. Barbara Kirche aus dem 11. Jh. mit sehr primitiven urigen Wandmalereien in rötlicher Farbe.
Die nächste Kirche - St. Onophrius oder Yilanli-(Schlangen-) Kirche (auch aus dem 11. Jh.) zeigt ein seltenes Motiv - die Heilige Onophrius, eine Frau, die ihre Sünden büßte und dabei ein Mann mit weißem Bart wurde.
Den zweiten Namen verdankt die Kirche den Darstellungen einer weißen Schlange an den Wänden.
Zu der Carikli- (Sandalen-) Kirche aus dem 12.-13. Jh. müssen wir über eine Leiter hochklettern.
Sie verdankt ihren Namen der Tatsache, daß alle abgebildeten Personen Sandale tragen.
Die Kirchen und Kapellen sind wirklich phantastisch - ich bin von den kleinen Kunstwerken wahrlich begeistert, ebenso wie auch von den phantastischen Formen der uns umgebenden Felsen.
Die schönste und größte Kirche befindet sich jedoch vor dem Eingang zum Freilichtmuseum. Es ist die
Tokali-Kilise-Kirche (Kirche zur Goldenen Schnalle). Sie sieht mit ihren Schiffen, Säulen, Kuppeln, dem Altarraum und der Krypta fast wie eine Kathedrale aus. Auf dem Deckengewölbe ist die ganze Lebensgeschichte von Jesus nach dem Neuen Testament abgebildet. Die einzelnen Bilder sind in mehreren Reihen nebeneinander angeordnet, wie auf einem Film. Dank nur geringem Lichteinfall vom Eingang sind die Farben der Fresken sehr kräftig. Auch alle anderen Wände und Decken sind hier mit wunderschönen byzantinischen Malereien bedeckt.
Nach so vielen Eindrücken zur Landschaft und Kulturgeschichte Kappadokiens steht jetzt auf dem Programm der Besuch von zwei für die Region typischen Handwerkstätten. Zunächst fahren wir zu einer Teppichknüpferei ("Bazar 54"), wo mehrere etwa 15-16jährige Mädchen (Künstlerinnen, wie sie der uns führende Firmenmitarbeiter nennt) an den Stühlen sitzen und wirklich sehr feine Teppiche knüpfen (für manche braucht man mehrere Monate Arbeit). Nach der Demonstration der Seidegewinnung beginnt die obligatorische Verkaufsveranstaltung. Bei Raki oder Tee werden uns unzählige Teppiche präsentiert.
Anschließend fahren wir zu einer Töpferei bei Avanos, die sich vollständig unter der Erde in im weichen Tuffstein gegrabenen Räumen befindet. In den fensterlosen aber angenehm kühlen Hallen arbeiten hier auch viele Frauen und Männer. Es werden uns Methoden der Herstellung von verschiedenen Tellern, Gefäßen etc aus weißem und rotem Ton demonstriert. Auch die präzise Handbemalung der fertigen Produkte ist sehr sehenswert. Es sind richtige Künstler, die diese feinen Ornamente auf die Teller und Töpfe auftragen (teilweise nur mit einem einzelnen Eselshaar) - und das bei den schlechten Lichtverhältnissen hier unten. Wer Lust hat, darf auch selber seine Fingerfertigkeit bei der Töpferkunst zur Probe stellen - was einige zur großen Belustigung der übrigen Reiseteilnehmer erfolglos versuchen. Zum Schluß gibt es auch hier Zeit zum Einkaufen in einer großen Halle mit unzähligen Tonerzeugnissen aller Art.
Im Hotel sind wir um 18.30 Uhr und haben dann eine Stunde Zeit, sich fürs Abendessen fertig zu machen. Den an Eindrucken sehr reichen Tag schließen wir mit einigen Gläsern Bier in gemütlicher Runde.
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